Montag, 31. August 2015
Lasst uns sehen!
Wir müssen die säkulare Welt nicht mehr verlassen, um den heiligen Raum zu finden, denn sie sind zusammengekommen. Das ist der Sinn davon, dass beim Sterben Jesu der Vorhang im Tempel zeriss. ... Teilhard de Chardin sagte, dass es nichts Profanes gebe für die, die zu sehen gelernt haben. Es gibt nur eine Welt und zwar die übernatürliche. Es gibt keine `natürliche´ Welt, in der Gott nicht wäre. Alles ist übernatürlich. Alle Dornbüsche brennen, wenn man den einen hat brennen sehen. ... Das ist das wahre Sehen, das wir als Kontemplation bezeichnen.
Leider verlieren wir unsere Vision immer wieder, auch wenn wir einmal gesehen haben. Deshalb gehen wir immer wieder zum Brunnen, um unsere Augen zu waschen. ...
Die großen Traditionen sagen, dass es nicht reicht, einmal geboren zu werden. Wir müssen nicht nur geboren werden, sondern von neuem erschaffen. Die Neuschöpfung der Seele und das Auffrischen des Augenlichtes ist gleichbedeutend mit der Rückkehr zur Einfachheit. ...
Es gibt keinen Nonstop-Flug vom einfachen Bewußtsein zur Erleuchtung. Wir müssen die transformativen Schwellenräume immer wieder durchschreiten. Dieser Prozess wirkt komplex und so, als würden wir auseinanderbrechen. .... Das bringt oft eine gewisse innere Desillusionierung mit sich. Normalerweise wird es uns aufgezwungen durch Sünde, Scheitern, Verrat oder Verlust. Wer hätte den Mut, allein dort hineinzugehen? Augustinus bringt die innere Reise mit der Reise zu Gott in Verbindung. Man nennt ihn den Vater der Subjektivität in der Kirche des Westens. ... Mit Gott als Helfer können wir die Traurigkeit in Stärke, ja sogar in Freude verwandeln....
(Richard Rohr, Wer loslässt, wird gehalten. Claudius 1999, S 153-154)
Am letzten Arbeitstag des 25. Dienstjahres in der Stadtpfarre Jennersdorf ist mir dieses Bild und dieser Text von R. Rohr wichtig. Der ankerplatz.at ist zu meinem langfristigsten Projekt in der Pfarre geworden.
Ich bin in ein Alter gekommen, wo Sünde und Scheitern nicht nur "graue Theorie" sind und so manche Desillusionierung den Schlaf geraubt, aber nicht die Sehnsucht nach dem brennenden Dornbusch genommen haben.
Von Herzen danke ich allen (es sind so viele), die mich in dieser schönen Zeit begleitet haben! Und bitte mit und für sie alle um die Gabe des Sehens!
Vergelt´s Gott!
Willi Brunner
Ab morgen, 1. Sept., wieder gewohnte Gottesdienstordnung.
18.30 Uhr Rosenkranzgebet
19.00 Uhr hl. Messe
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